ARCUS 10 190
Ein strahlendes Licht in der Ferne, das in der völligen Dunkelheit meine Aufmerksamkeit weckte, lockte mich an. Ich wollte ihm nachgehen, und erst als sich der Schlund der Höhle, die ich betreten hatte, schloss, erkannte ich meinen Fehler. Ich hatte einen Balzagaar betreten. Ein riesiger Wurm der Leere, von dem Barra in seinen frühen Arbeiten für Zeitschriften geschrieben hat. In seinen Geschichten wird dieses Wesen oft von Überlebenden gejagt, da sein Blut provisorische Fahrzeuge und Mechanismen antreiben kann. Zu meinem Glück erinnerte ich mich an eine Geschichte, in der ein Überlebender in einer ähnlichen Situation ein Schwert gefunden hatte, mit dem er sich einen Weg aus der Kreatur schlug, bevor er einen qualvollen Tod in einer blubbernden Säuregrube erlitt. Beim Gedanken an diese Geschichte prüfte ich schnell meine Umgebung und fand eine Axt. Hastig entriss ich sie den Händen des Skeletts und hackte drauf los, während gewaltige Tentakel seines Verdauungssystems erfolglos versuchten, mich in seinen Magen zu ziehen. Natürlich überlebte ich diese Prüfung und nahm auch eine Probe seines Bluts, um dessen merkwürdigen Eigenschaften zu analysieren. Um ehrlich zu sein, ist es schwer zu glauben, dass ich überhaupt noch lebe. Meine Forschung hat sich offensichtlich bereits in vielerlei Hinsicht gelohnt. Wie oft ich schon von den Ereignissen einer scheinbar unwichtigen Geschichte inspiriert worden bin, kann ich gar nicht mehr sagen. Viel öfter, als ich mich erinnern kann, jedenfalls.
Zwölf nach Mitternacht
Surin erwachte in fast völliger Dunkelheit und konnte sich nur vage daran erinnern, wie er durch eine dichte Nebelwand gezogen worden war. Er erinnerte sich an das Kino in Greenville, die Wendeltreppe im Keller und an die vertraute Stimme, die ihn rief. Er war dem mysteriösen Verschwinden einer Podcastbetreiberin und einer Gruppe von Eltern aus der ganzen Welt nachgegangen, die ihre Liebsten suchten. Diese Nachforschungen hatten ihn zu einem Kino in Greenville geführt und schließlich zu dieser seltsamen Welt, aus der er nicht schlau wurde.
Seine Beine zitterten, als er aufstand. Über ihm kreiste ein Schwarm Krähen. Er schwankte nach links und rechts und richtete dann seinen Blick auf einen großen Fleischerhaken, der von einem knorrigen Baum baumelte. Während Surin den glänzenden Haken betrachtete, hörte er, wie hinter ihm ein Zweig knackte und duckte sich gerade noch rechtzeitig, sodass die rasiermesserscharfe Klinge über seinen Kopf hinwegfegte. Er taumelte rückwärts, als er das Wesen sah: ein gewaltiges Untier, das sich ihm näherte. Aber als das Wesen die Klauen hob, um ihm den Todesstoß zu versetzen, war eine Hupe in der Dunkelheit zu hören. Das Wesen fauchte und wandte sich um ...
Einen Augenblick zu spät!
Ein Kleinbus, an dessen Kühlergrill Stacheln und Klingen angebracht worden waren, erfasste das Wesen und riss es in Stücke. Surin blickte durch die blutige Windschutzscheibe. Als die Scheibenwischer Blut und Innereien fortgewischt hatten, sah er Grace und Haley, nur jünger, als er sie in Erinnerung hatte. Neben ihr saß ihr vermisster Stiefbruder Jaden und andere, die er aus ihren Videos und Podcasts kannte. Irgendwie hatten sie es geschafft. Sie hatten ihre Liebsten gefunden.
Aber wo? Wo hatten sie sie gefunden? Wo waren sie gelandet? Wo ... war er gelandet?
Surin hatte mehr Fragen als Antworten und war sich auch gar nicht sicher, ob er mehr über diese kosmische Hölle erfahren wollte, in die er da geraten war. Er hatte das Gefühl, sein Kopf könnte jeden Moment implodieren.
Die Türen des Busses öffneten sich quietschend und Olivia und Sean riefen Surin zu, er solle einsteigen, als ein schreckliches Kreischen im Reich widerhallte.
Der großartige Maurice. 3
Und damit war es offensichtlich noch nicht vorbei. Die Welpen ignorierten jeden meiner Versuche, sie zu verscheuchen. Sie folgten mir durch den Wald, über eine Wiese und bis zum Rand einer kleinen Stadt. Ich stand in der Dunkelheit und blickte zu den strahlenden orangen Lichtern, die wie Glühwürmchen in der Ferne wirkten. Müde legte ich mich hin, schloss meine Augen und versuchte, alles auf dem Bauernhof zu vergessen. Als ich etwas Kleines fühlte, das mich in die Seite stupste, schreckte ich auf. Mit weit geöffneten Augen beobachtete ich, wie die Welpen sich neben mir zusammenkuschelten, um sich warm zu halten. „Habe ich euch nicht gesagt, dass ihr mich in Ruhe lassen sollt?“ „Jep“, antwortete ein Welpe nach dem anderen. Ich seufzte und schloss meine Augen wieder. Ich war zu müde, um zu protestieren, also wünschte ich ihnen nur eine gute Nacht. Ich träumte von meiner Mutter und wollte nicht aufwachen. Ich wollte in diesem Traum leben. Als ich endlich wieder in die Realität zurückfand, war es Morgen und die Welpen nagten schon an Knochen und schlürften Spaghetti und anderen Müll, den sie in einem Abfalleimer gefunden hatten. Ich selbst gönnte mir ein paar verfaulte Äpfel.
Als ich aufgegessen hatte, stand ich auf und sagte ihnen ganz ehrlich, dass ich nichts über Hunde wusste und keine Ahnung hatte, was ich mit ihnen tun sollte. Sie antworteten, dass das okay wäre, denn sie wüssten auch nichts über Pferde, und es war wohl auch egal. Ich atmete tief aus und fragte mich, was wir als Nächstes tun sollten, als einer der Welpen vorschlug, zu den Bergen zu gehen. Seine Überlegung war, sich von der Stadt fernzuhalten, weil wir da wohl nicht willkommen wären. Ich nahm an, dass er wohl recht hatte, und dass die Berge keine so schlechte Idee waren.
Und so eilten die Welpen in Richtung Berge, blieben jedoch schnell stehen, als sie merkten, dass ich zögerte. „Was ist los, Boz?“, fragte einer von ihnen. Dann bettelten sie alle, dass ich sie begleiten solle, und alle nannten mich Boz, weil sie mich mit einem anderen Pferd vom Bauernhof verwechselten, das eigentlich gar nicht aussah wie ich. Den ganzen Weg zu den Bergen versuchte ich, ihnen meinen echten Namen klarzumachen. Aber es war nutzlos und irgendwann dachte ich mir, wenn sie mich Boz nennen wollten, dann sollten sie mich eben Boz nennen. Es gibt Schlimmeres, als beim falschen Namen genannt zu werden. Wenn das jemand weiß, dann ich ...
Aber egal ... zurück zur Geschichte.
Bald gingen wir einen Berg hinauf und die Welpen begannen, über ihre Mutter zu reden. Plötzlich wurden sie ganz langsam, fast so, als würden sie sich durch dicken Sirup quälen. Ich sagte gar nichts, denn es gibt nichts, was man sagen könnte, wenn jemand ein Elternteil verliert. Ich erwähnte nur, dass ihre Mama und meine Mama jetzt beieinander wären und auf uns aufpassten und wollen würden, dass es uns gut geht. Einer nach dem anderen stimmte mir zu, und als wir weiter nach oben gingen, erzählten sie, dass sie keine Namen hätten, weil ihre Mutter noch auf Inspiration gewartet hätte. Und so versprach ich, dass ich ihnen allen einen Namen geben würde, wenn ich die Inspiration dazu finden würde, so wie ihre Mutter das gewollt hätte. Diese Antwort schien sie zufriedenzustellen. Wir erklommen den Berg und näherten uns einer Höhle, die wie ein perfekter Rastplatz schien.
Aber als wir fast beim Eingang waren, blieb ein Welpe plötzlich stehen und warnte uns davor, hineinzugehen. Er schwor, dass darin eine große Dunkelheit wartete. Seine Brüder und Schwestern lachten ihn aus, natürlich sei es dort drinnen dunkel. Es war schließlich eine Höhle! Aber er schüttelte den Kopf und sagte, dass er etwas anderes gemeint hatte, etwas Böses, so böse wie der alte Bauer. Dann erzählte er uns eine Geschichte von Männern, die sich wegen Geld und Schwarzgebranntem gegenseitig erschossen hatten. Trotz seiner Warnung ging ich in die Höhle und wies die Welpen an, beim Eingang auf mich zu warten. Und als ich die Dunkelheit betrat, bemerkte ich ihn sofort. Den Geruch. Nein, kein Geruch. Ein Gestank. Ein Gestank, der mich unvermittelt traf und bei dem es mir den Magen umdrehte.
Ich brauchte einen Moment, bevor ich weitergehen konnte. Mit vorsichtigen Schritten ging ich an den Schatten und Lichtflecken vorbei, die aus den Rissen über mir drangen. Der Gestank wurde sogar noch schlimmer, wenn das überhaupt möglich war, als ich eine kleine Höhle betrat, in der glänzende Apparate standen, aus denen Alkohol durch Einschusslöcher tropfte.
Und da sah ich ihn.
Einen Haufen verfaulender Leichen und blutige Geldscheine, die auf dem ganzen Boden verteilt waren – genau wie der Kleine es beschrieben hatte.
Langsam ging ich den Weg zurück, den ich gekommen war, und versuchte zu verstehen, woher er das gewusst haben könnte.
Ich kam nie dahinter, aber dafür fiel mir ein Name für ihn ein. Ich nannte ihn „Ärger“. Nicht, weil er Ärger bedeutete, sondern weil er mit seinen unheimlichen Vorahnungen stets wusste, wann uns Ärger erwartete.
Saga des roten Kranichs. Das verlorene Reich der Neun.
Saku stand vor einem Berg aus festem, schwarzem Gestein. Sie schritt über die verkohlten Überreste von Hunderten erfolglosen Suchern hinweg, die ein vorzeitiges, grausiges Ende gefunden hatten, während sie einen Weg in das verlorene Reich gesucht hatten. Sie blickte auf ihre Karte hinab und auf die Symbole, die sie auf ihrer scheinbar endlosen Reise auf der Suche nach einem Ausweg aus diesem lebenden Gefängnis entdeckt hatte. Sie starrte auf die Symbole und seufzte traurig. Sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Sie wünschte, ihr Freund wäre noch bei ihr. Er hätte Ideen. Er würde wissen, was zu tun wäre. Er hatte ein viel besseres Verständnis für diese dunkle Welt als sie. Er hätte gewusst, ob sie die richtigen Symbole ausgewählt und in die korrekte Reihenfolge gebracht hatte. Sie hatten sich oft über die Vergangenheit unterhalten und die Geschichten und Notizen besprochen, die sie zusammengetragen hatten. Irgendwie schien er immer zu wissen, welche Teile relevant waren.
Aber nun war er nicht mehr hier und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte.
Seufzend nahm sie einen Stein aus der Hand eines Skeletts und begann, eine Reihe aus neun Symbolen in die Wand vor ihr zu ritzen. Neunmal kerbte sie diese Sequenz ein und stand dann vor den arkanen Mustern, in der Hoffnung, dass etwas passieren würde. Doch nichts geschah. Zumindest war sie noch am Leben, dachte sie bei sich. Das bedeutete, dass die Sequenz richtig war. Dann fiel ihr eine Szene aus einer Geschichte ein, die sie als irrelevant abgetan hatte, nahm einen tiefen Atemzug und stellte sich mit angehaltenem Atem eine Tür vor, die sie nach Hause führen würde. Beim Ausatmen blies sie die Luft gegen die Wand.
Als Saku ihren Lebensatem über die Muster hauchte, begannen die Symbole zu leuchten, und weißer Nebel stieg plötzlich vom Boden auf, um sie zu umhüllen.
Wenige Augenblicke später verblassten die Symbole und der Nebel lichtete sich, um einen Eingang in das Herz des Berges freizugeben. Ungläubig starrte sie auf den Eingang. Sie hatte eine gefühlte Ewigkeit auf diesen Moment gewartet. Vorsichtig ging sie weiter und blickte in die Höhle hinter dem Eingang, in der eine schmale Brücke in einem Ozean aus weißem Nebel verschwand.
Langsam betrat Saku den Berg und ging über die Holzbrücke, während die weißen Nebelranken sie von beiden Seiten anzugreifen schienen. Plötzlich hörte sie Geräusche aus ihrer Vergangenheit, die gleichzeitig von überall und nirgendwo zu kommen schienen. Schreckliche Geräusche. Entsetzliche Geräusche. Weinen. Schreie. Kreischen. Sie hörte sogar die Stimme ihrer Mutter, die sie warnte, umzukehren, solange sie das noch konnte.
Saku blieb stehen und schloss die Augen, um sich zu fassen. Sie holte tief Luft und atmete langsam ihre Ängste und Zweifel aus. Als die Kakophonie aus der Hölle langsam verstummte, öffnete sie ihre Augen und ging in fast völliger Stille weiter. Nur die Ranken griffen weiterhin bei jedem Schritt nach ihr. Sie ging stundenlang, vielleicht sogar Tage, bevor sie endlich erkannte, dass sie sterben würde, bevor sie das Ende erreicht hätte.
Vielleicht gab es ja nicht mal ein Ende. Vielleicht war diese Brücke endlos lang. Saku ballte die Hand zur Faust und stieß ein verzweifeltes Stöhnen aus, als ihr bewusst wurde, dass dies nur eine weitere Prüfung war. Eine weitere Chance für dieses lebende Gefängnis, sich an ihren Ängsten und Qualen zu laben. Sie war gefangen, ohne Hoffnung auf ein Entkommen. Mehrere Minuten lang stand sie wie angewurzelt da. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt. Das laute Geräusch einer Art Energie, die mit hoher Frequenz vibrierte, quälte sie, während der Nebel sie weiter angriff. Dieses Erlebnis war anders als alles, das sie kannte. Ihr fiel keine einzige Lösung ein, wie sie diese Reise fortsetzen sollte. Aber dann entdeckte sie etwas im Nebel und eine große Ruhe erfasste sie. Etwas, was ihr noch nicht aufgefallen war. Etwas, was die ganze Zeit dagewesen war. Der Nebel ...
Er griff sie nicht an. Er ... testete sie.
Winkte sie zu sich.
Als sie das erkannte, lachte Saku laut auf. Die Ranken warnten sie nicht, draußen zu bleiben, sondern luden sie vielmehr ein, hereinzukommen. Sie konnte es jetzt deutlich sehen und sie erkannte, dass sie sie am Vorwärtsgehen hindern wollten, weil ...
Sie in die falsche Richtung ging!
Und so schloss sie die Augen, beruhigte ihren Geist und zog dann ohne Furcht im Herzen ihr Katana mit einem hallenden Klirren und hob es über ihren Kopf. Dann ließ sie die Klinge durch die Brücke sausen und fühlte, wie die Welt unter ihren Füßen zusammenbrach.